Der W live in Kreuth, 12.3.2011

13. März 2011 at 21:51

Das ist die Festhalle Rieden in Kreuth um 17 Uhr, gestern Nachmittag. Tim hat sich mit dem Auto aus Schwerin auf den Weg gemacht, ich bin mit dem Zug aus München gekommen. Der Veranstaltungsort liegt wirklich im Nichts – außer dem Gut Matheshof, zu dem die Festhalle, die Ostbayernhalle, zwei Hotels und Pferdesportzentren gehören, gibt es in Kreuth (= ein Weiler der Gemeinde Rieden) einfach nichts. Vor der Halle gibt es immer noch vereinzelte „Mexico“-Gesänge, aber das wird sich wohl nie ändern… Als bereits um 18:15 Uhr der Einlass erfolgt, bin ich von der Halle überrascht, die größer als erwartet ist. Laut Recherche fasst die Halle nur 1.200 Plätze, laut Hotel aber ca. 2.500. Das Dach erinnert an ein Festzelt. Kurz vor Konzertbeginn ist die Halle mit etwas mehr als zwei Dritteln gefüllt, vorne in der ersten Reihe ist es schön eng, hinten ist aber zum Teil noch Platz zwischen den Reihen. Ungefähr 1.700 Leute sind zum Tourauftakt gekommen. Sofort belagern die Fans den Merchandisestand, an dem das neue Tourshirt erhältlich ist – vorne das neue DER W – Logo von der EP, hinten der ‚Autournomie‘-Schriftzug und die Tourdaten.
Um genau 20 Uhr stehen MOTORJESUS auf der Bühne. Die Band hat noch nie vor so vielen Menschen gespielt und ist sehr aufgeregt. Das macht die Gruppe, vor allem den Sänger aber extrem sympathisch. Beim Publikum kommen die Jungs definitiv ziemlich gut an, was auch daran liegt, dass der Sänger selbst bei „Wir wollen den Weidner sehen“-Gesängen mit einstimmt. Nach circa 10 Songs spielen die Jungs zum Abschluss noch Rock You Like a Hurricane von den Scorpions und TNT von AC/DC. Genau um 20:45 verlässt die Band die Bühne. Gut gemacht, wir sehen uns in Dortmund wieder!
Die Umbauphase wird von einem weißen Vorhang bedeckt, der dort auch erst mal bleibt. Um 21:06 stehen Stephan Weidner (Gesang/Gitarre), Dirk Czuya (Gitarre), Henning Menke (Bass) und JC Dwyer (Schlagzeug) endlich wieder auf der Bühne und starten mit Was ist denn hier nicht los?, aber der Vorhang hängt noch. Erinnert, wie auch Till im Tourtagebuch schreibt, an die Gorillaz, da man nur Schatten auf der Bühne erkennt. Meiner Meinung nach ein bisschen zu spät – fast am Ende des Songs – fällt dann der Vorhang, „geschmeidig glitt der Gazestoff in einer vorschriftsmäßigen, allen Regeln der Physik und der Konstruktionsidee folgenden Fallbewegung hinab“, beschreibt es Till perfekt. 😉 Was man dann sieht, ist für die W-Fans neu: Ein komplett verändertes Bühnenbild ohne LEDs, aber mit vier Videowänden und einem beleuchteten W-Logo im Hintergrund – sieht sehr fett aus!

Stephan begrüßt seine Fans mit den Worten „Danke, dass ihr ans Ende der Welt gekommen seid“ und rockt die nächsten fünf Songs (Mamas kleines Monster/Machsmaulauf/Schatten/Mein bester Feind/Urlaub mit Stalin/Tränenmeer) ohne längere Ansagen durch. Der W und die Band sind gut drauf, vor allem JC hat wie immer sehr viel Spaß auf der Bühne. Das Publikum in den ersten Reihen ist sehr jung und wird zum Großteil von Jugendlichen und Twens gebildet. Auf den Leinwänden werden verschiedene Grafiken und Videosequenzen (manchmal auf Live-Sequenzen) eingeblendet, was ziemlich cool rüber kommt.
Bei Fleisch läuft natürlich das Musikvideo und Stephan muss nach dem Song noch ein paar Worte dazu sagen. Nämlich, dass er nichts gegen Fleischkonsum an sich hat, sondern gegen die Fleischindustrie und Massentierhaltung und dagegen, dass wir alles „fressen, was die Industrie uns serviert“. Gute Ansage. Die Videosequenzen bei Lei(D)figuren sind ziemlich aktuell – so findet sich neben Berlusconi, dem Papst, Friedmann, Käßmann, Daum, Merkel und anderen auch Karl-Theodor zu Guttenberg auf den Leinwänden wieder. Stille Tage im Klischee geht extrem ab, vollkommens Ausrasten in der ersten Reihe. Der Gänsehauteffekt bei Schlag mich… wirkt auch live, das Lied geht einfach unter die Haut. Einige Texthänger hat Stephan bei Autonomie des Ichs, was ihn kurz ziemlich genervt blicken lässt. Ein paar Sekunden später ist das aber wieder vergessen.

Nach Bitte töte mich werden die vier Projektionsflächen abgebaut, JCs Drumkit von der linken Bühnenseite in die Mitte verlegt und drei Hocker für Stephan, Dirk und Henning auf der Bühne aufgestellt. Sterne, >Zwischen Traum und Paralyse („Für all die, die viel zu früh von uns gegangen sind“) und Niemand hier schlagen mit Akustikgitarren ruhigere Töne an, was mir sehr gut gefiel. Anderen anscheinend leider nicht, denn laut Tim, der das Konzert von weiter hinten verfolgte, sind bei den drei Songs relativ viele Leute zum Rauchen rausgegangen…

Für den Zugabenpart gibt es statt vier kleinen eine riesige Videowall, die ziemlich mächtig wirkt. Während Gewinnen kann jeder werden dort zum Beispiel Bilder aus der Frankfurter Fankurve gezeigt. Der Kuckuck läutet den letzten Zugabenteil ein, Nein Nein Nein und Heiß rocken nochmal ordentlich. Wie auch schon bei der Tour des W 2009 wird im letzten Song Passt gut auf Euch auf, die Band vorgestellt, danach verschwindet die Gruppe endgültig von der Bühne. Es ist 22:46 Uhr, das Konzert hat also genau eine Stunde und vierzig Minuten gedauert – diese Zeit kennt man ja von der letzten Tour. Insgesamt ist es ein sehr bunt gemischtes Set aus den beiden Alben, von der EP hätte ruhig noch ein Song dabei sein dürfen. Auch Du kannst es und Komm schon fehlen mir sehr, aber das lässt sich jetzt aufgrund der viel höheren Songauswahl wohl leider nicht mehr vermeiden.

Nach dem Konzert wird die Menge relativ schnell durch die Securities abgedrängt, eine Setlist kann ich zum Glück trotzdem noch ergattern. Wir sprechen noch mit ein paar Lesern und machen uns auf den Rückweg ins Hotel. Da wir davon ausgingen, dass sich Stephan später sicher nochmal blicken lässt, kehren wir aber nach kurzer Zeit schon wieder zur Halle zurück. Verwunderung, hier ist kein Mensch mehr. Der Blick hinter die Halle hat sich auf jeden Fall gelohnt, hier warten noch ca. 15 Menschen auf Stephan. Ein paar Minuten später – es ist jetzt kurz vor Mitternacht – kommt dieser auch schon zusammen mit Thomas Hess und Till Erdenberger und nimmt sich ein paar Minuten Zeit für uns. Ein paar Worte werden gewechselt, Fotos werden geschossen und Autogramme gegeben. Auch mit Till können wir uns unterhalten. Sehr cool, dass dieses kurze Treffen mit den Beiden noch zu Stande kommt. Die Crew verschwindet im Nightliner und wir machen uns endgültig auf den Weg ins Hotel, in dem wir einen langen Tag entspannt ausklingen lassen. Der Weg nach Kreuth hat sich auf jeden Fall gelohnt, ich freue mich sehr auf Dortmund – dort auch vor allem auf ESCHENBACH!

PS: Mehr Fotos vom Tourauftakt gibt es auf unserer Facebook-Seite.